Rudolf von Bennigsen
Leben und Wirken

Rudolf von Bennigsen wurde 1824 als Sohn eines  Offiziers in hannoverschen Diensten in Lüneburg geboren. Im Alter von 18 Jahren bezog er 1842 die heimatliche Universität Göttingen und studierte Rechtswissenschaften. Später setzte er sein Studium in Heidelberg fort. Der deutsche Südwesten war damals das geistige Zentrum der politischen "Aufklärung" und der Ausgangspunkt der demokratisch-nationalen Erneuerung in Deutschland (Hambacher Fest 1832). Bennigsen traf so unter Professoren und im studentischen Kreis auf ein politisches Klima, das ihn nachhaltig prägen und sein weiteres Leben maßgeblich beeinflussen sollte.
1845 kehrte von Bennigsen mit politisch geschärftem Blick nach Hannover zurück. Hier wurde er  konfrontiert mit der geistigen Enge und dem kleinstaatlichen Denken in seinem Heimatland.
1846 trat er in den Staatsdienst ein, zunächst als Verwaltungsbeamter. Später übte er eine richterliche Tätigkeit aus, um über mehr politische Unabhängigkeit zu verfügen; denn die hannoversche Justiz und Verwaltung orientierten sich an einem streng monarchisch-partikularischen Weltbild, das Abweichungen davon mit Disziplinarstrafen ahndete. So wurde er für zwei Jahre "zur Abkühlung" nach Aurich in Ostfriesland versetzt, als deutlich wurde, "dass er an den Sieg der Freiheit in der Demokratie glaubte, so fest wie an sein eigenes Dasein." Später arbeitete er einige Jahre bei der Staatsanwaltschaft Hannover und gewann dann 1854 wieder die Unabhängigkeit eines Richters in Göttingen, wo er heiratete.

1855 setzte Georg V. die liberale hannoversche Verfassung von 1848 außer Kraft (Protest der „Göttinger Sieben"). Er sah sich nach alter Tradition als König von Gottes Gnaden und wollte dem monarchischen Prinzip wieder absolute Geltung verschaffen. Alle demokratischen und nationalen Tendenzen betrachteten er und seine Regierung als Angriffe auf den weifischen Staat.
Durch diesen Verfassungsbruch setzte sich Hannover an die Spitze der reaktionären Bewegung in Deutschland. Nach diesem Eklat entschloss sich Rudolf von Bennigsen auch auf Anraten gleichgesinnter Göttinger Freunde zum politischen Handeln.
Er kandidierte im Dezember 1855 in Aurich für die 2. Kammer der hannoverschen Ständeversammlung, durfte dieses Mandat aber nicht ausüben. Daraufhin entschloss er sich 1856 in einem mutigen Schritt zum Ausscheiden aus dem Staatsdienst, um sich künftig ohne hoheitliche Beschränkungen am politischen Leben beteiligen zu können. Gleichzeitig übernahm er vom Vater das Gut Bennigsen.

Im Januar 1857 im jugendlichen Alter von 32 Jahren begann Rudolf von Bennigsen seine politisch-parlamentarische Laufbahn. Er wurde Mitglied der 2. Kammer der hannoverschen Ständeversammlung und war sogleich Sprecher der bürgerlich-demokratischen Opposition.
Seine Ambitionen aber gingen von Anfang an über Hannover hinaus.

Aufgrund seiner intellektuellen Brillanz und seiner Beredsamkeit gelangte er bald an die Spitze der neu belebten nationalen Bewegung. Träger dieser Bewegung waren der Kongress deutscher Volkswirte (1858) und der Deutsche Nationalverein (1859). Mit anderen führenden Liberalen war Bennigsen an der Gründung beider Organisationen beteiligt.
Als 42-Jähriger wurde Bennigsen Mitglied des Norddeutschen Reichstags und nahm dort die Rolle des Fraktionsvorsitzenden wahr. Seine bürgerliche Fraktion war maßgeblich an der Verfassungsarbeit für den Norddeutschen Bund wie später für das Reich beteiligt.

1867 gründete Bennigsen die Nationalliberale Partei, deren Vorsitz er von Anfang an übernahm.  Gemäß dem Gründungsprogramm war es die historische Aufgabe dieser Partei, den  monarchischen Bundesstaat mit den konstitutionellen Rechten in Einklang zu bringen.Diesem Ziel widmete er nach der Reichsgründung 1871 seine ganze Kraft.

Die Nationalliberalen waren zu dieser Zeit sowohl im Preußischen Abgeordnetenhaus als auch   im Deutschen Reichstag die stärkste und ausschlaggebende Fraktion. Als Fraktionsvorsitzender und Vizepräsident in beiden Häusern hat Bennigsen die deutsche Politik in dieser Zeit nachhaltig beeinflusst. Man bezeichnet die Jahre von 1871 - 1878 daher auch als Nationalliberale Ära". Mehrfach war er als Minister im Gespräch. 
Das politische Ziel Bennigsens war der Auf- und Ausbau des Reiches im Sinne liberaler  Institutionen. Dass er dabei von Anfang an mit dem Welfenhause und seinen hannoverschen Standesgenossen in Konflikt geraten musste, ist offensichtlich. Er wurde gesellschaftlich geschnitten und als Landesverräter gebrandmarkt. Aber er hat sich von seinem Streben nach Einigkeit, Recht und Freiheit nicht abbringen lassen, getreu dem vom Vater übernommenen Grundsatz: Zuerst bin ich ein Deutscher, dann ein Hannoveraner, dann ein Calenberger und dann ein Edelmann".

1868 wurde Bennigsen von dem hannoverschen Provinziallandtag zum Landesdirektor gewählt. Dieses Amt hat ihn für zwanzig Jahre mit dem Wohl und Wehe seiner engeren Heimat  fest verbunden.
1888 vertauschte Bennigsen den Stuhl des Landesdirektors mit dem des Oberpräsidenten und wirkte noch fast ein Jahrzehnt als höchster Repräsentant des preußischen Staates in der Provinz. Hannover. Während seiner Zeit als Landesdirektor und Oberpräsident erwarb sich Bennigsen große Verdienste um sein Heimatland.

Es handelt sich u. a. um:

  • Den Auf- und Ausbau des Provinzialmuseums, des heutigen Landesmuseums am Maschpark.
  • Die Übergabe der ehemals Königlichen Bibliothek an die Stadt Hannover.
  • Die Erforschung der Provinzialgeschichte.
  • Den Ausbau des Eisenbahnnetzes in der Provinz Hannover.
  • Die gezielte Förderung von Handel und Gewerbe und
  • die Unterstützung weiterbildender Schulen.


Resümierend kann man sagen, dass sich Rudolf von Bennigsen um die Stadt und die Provinz Hannover große Verdienste erworben hat. Noch zu seinen Lebzeiten hieß es außerhalb der  Provinz:  
"Er hat sich die Liebe und dankbare Verehrung seines ganzen Heimatlandes erworben". Mit  anderen Worten, er war den Hannoveranern ein wahrer Landesvater.
Rudolf von Bennigsen starb im Jahre 1902 und liegt im Gutspark zu Bennigsen begraben.

Dr. Kurt Abel

Schloss Bennigsen 1902

Lichtgestalt der Liberalen

Rudolf von Bennigsen wird zum 110. Todestag geehrt

Die Bronzefigur gibt es nicht mehr. Sie wurde im Krieg eingeschmolzen. Aber als das Denkmal für Rudolf von Bennigsen am 3. Oktober 1907 im hannoverschen Maschpark aufgestellt wurde, fünf Jahre nach dem Tod des nationalliberalen Politikers, schlugen die Wellen noch einmal hoch: Welfentreue schmähten den 1824 in Lüneburg geborenen Juristen als Totengräber des alten Königreiches Hannover, da er mit den preußischen Besatzern gemeinsame Sache gemacht habe. Adelige Standesgenossen ächteten ihn als Verräter, da er gegen Fürstenherrschaft und für Parlamentarismus gekämpft hatte. Und seine Parteigänger priesen den Ehrenbürger Hannovers als Lichtgestalt der Liberalen.
Anl
ässlich seines 110. Todestages konnte Bennigsen jetzt im hannoverschen Museum August Kestner posthum noch einmal viele Lorbeeren einheimsen: Friedrich-Naumann-Stiftung und Rudolf-von-Bennigsen-Stiftung richteten eine Gedenkveranstaltung für den Hannoveraner aus, der sich „um Deutschland verdient gemacht" habe, wie Stiftungschef Peter-Jürgen Rau feierlich sagte.
Tats
ächlich wirkt vieles an Bennigsen bis heute aktuell. Als rhetorisch brillanter Oppositionsführer prangerte er im Königreich Hannover das reaktionäre Regiment von König Georg V. an, er stritt gegen deutsche Kleinstaaterei und für das Ideal des mündigen Staatsbürgers. Binnen kurzer Zeit wurde er so zum „Politstar", wie der Historiker Dieter Brosius in seinem kenntnis- und faktenreichen Vortrag sagte, zum beliebten Prominenten, nach dem man Schiffe benannte und dem man Dorfglocken weihte.
In Bismarcks Deutschem Reich stritt der Vorsitzende der Nationalliberalen Partei dann f
ür die Pressefreiheit, für die Trennung von Staat und Kirche sowie gegen Zensur und Polizeistaat - und fügte dabei dem Schatzkästlein liberalen Gedankengutes so manches Juwel hinzu. Entgegen welfischen Vorwürfen, Bennigsen habe Hannover verraten, war er nach der preußischen Annexion des Königreiches 1866 sogar bestrebt, möglichst viel von der Eigenständigkeit Hannovers zu bewahren, das immerhin geschlossen als Provinz erhalten blieb.
Allerdings stellte Bennigsen, wie Brosius sagte, bei der Reichsgr
ündung das eigene Streben nach Parlamentarismus hintan, um die deutsche Einheit zu erlangen. Seine Nationalliberalen unterstützten Bismarcks Kulturkampf gegen die Kirche und spielten bei den despotischen Sozialistengesetzen teils eine zweifelhaft Rolle. Das allerdings kam bei der Gedenkveranstaltung für die liberale Ikone dann doch etwas zu kurz.

Von Simon Benne
DONNERSTAG, 9. AUGUST 2012 • NR. 185 [HAZ]

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